Metagespräch

Bei längeren Sokratischen Gesprächen gibt es die Institution des sog. ‚Metagesprächs‘. Was bedeutet das? ‚Meta‘ kommt aus dem Altgriechischen und heißt in diesem Kontext einfach soviel wie ’nach, hinterher‘ oder auch ‚über‘. Ein Gespräch über das (bisherige) Gespräch also. Es ist eine Phase, in der man im eigentlichen Gesprächsfortgang anhält und über den bisherigen Verlauf redet. „So. Wir halten jetzt mal inne. Wie ging’s Euch denn bisher? Wie fühlt Ihr Euch mit der ganzen Sache, in der Gruppe? Gibt es Fragen zum generellen Vorgehen? Zur Sokratischen Methode? Habt Ihr Wünsche an die anderen?“ etc.

Ähnliche Begriffe sind auch in der allg. Ratgeber- und Trainingsliteratur zum Thema Kommunikation gebräuchlich: ‚Metakommunikation‘, ‚Metabemerkungen‘, ‚Metaebene‘. Das Gemeinsame ist die zusätzliche Perspektive, die man einnimmt, von der aus man spricht: Kommunikation über die Kommunikation eben. Innerlich beiseite treten und aus einer Art Außensicht (‚dissoziiert‘ nicht im psychiatrischen sondern im guten Sinne) darüber reden, was gerade ist; oder wie es denn bisher so gelaufen ist; oder wie das, was ich gerade gesagt habe, gemeint war etc. Das kann sehr konstruktiv sein, um Missverständnisse auszuräumen, Störungsfaktoren anzusprechen oder um Dinge auf der Beziehungsebene zu klären. Gern auch in Paargesprächen eingesetzt – dort kann man sich in den Metaebenen allerdings auch sauber verheddern …

Bei Sokratischen Gesprächen, die über mehrere Tage gehen, wird in der Regel täglich am Nachmittag (vom sog. ‚Sachgespräch‘ durch eine Pause deutlich getrennt) für ca. eine Stunde ein Metagespräch anberaumt. Damit sich auch der Gesprächsleiter/die Gesprächsleiterin gleichberechtigt beteiligen kann und sich die Teilnehmenden offener aussprechen können, wird diese Sitzung nicht von der Moderatorin, sondern von einem erfahrenen Teilnehmer/einer Teilnehmerin geleitet. So wird nach Möglichkeit vermieden, dass Rollenverteilungen und evtl. empfundene Hierarchien den freien Austausch stören.

Es kann, um diesen Perspektivenwechsel auf die Metaebene vorzunehmen, hilfreich sein dafür die gewohnte Sitzordnung zu ändern, das Flipchart auf eine leere Seite umzublättern, vielleicht sogar einen Stuhlkreis anderswo im Raum aufzubauen, von wo man die Sachgesprächsszenerie wie von außen betrachten kann… oder allerhand sonstige Tricks aus dem Moderations- und Gruppenköfferchen.

Um der Gruppe einen Anhalt zu geben, was im Metagespräch behandelt werden könnte, gebe ich meist ein Flipchartbild wie das folgende vor. Gut ist in jedem Fall das Beginnen mit einer Runde ‚Wie fühlt sich der/die Einzelne?‘, gefolgt von der Frage, wie das Miteinanderumgehen empfunden wird.

Mit ‚Analyse‘ ist ein Zurückschauen auf den bisherigen Verlauf des Sachgesprächs gemeint. Im Gesprächsverlauf kommt es ja immer wieder zu Stellen, an denen die Gruppe sich entscheiden muss, wie weiter vorgegangen wird, welche Teilfrage oder welcher Einzelstrang des Gesamtthemas nun weiter verfolgt werden soll. Dabei kann man auch in Sackgassen oder Verwirrungen geraten. Das Metagespräch kann eine gute Zeit sein, dies noch einmal anzuschauen.

Mit ‚Strategische Entscheidungen‘ ist gemeint, dass man die Zeit auch nutzen kann, um sich darüber auszutauschen, wie es in der nächsten Sitzung im Sachgespräch weitergehen soll. Manchmal war das am Ende einer Sitzung unklar geblieben.

Ob solche Elemente von Analysegespräch/Strategiegespräch wirklich ins Metagespräch gehören, kann man in Zweifel ziehen. In beiden Fällen ist man ja schnell mitten in der Sachdiskussion, denn es werden unweigerlich Argumente aus dem Sachgespräch verwendet, um z.B. für dieses oder jenes weitere Vorgehen zu plädieren. Immerhin kann man das für das Metagespräch reservierte Zeitfenster auch für diese Fragen nutzen, wenn sonst keine Themen mehr anliegen.

Durch das Metagespräch wird das Sachgespräch entlastet. Hat die Gruppe z.B. einen grundlegenden Diskussionsbedarf zur Sokratischen Methode (z.B. ‚Warum spielt eigentlich das Erfahrungsbeispiel eine so große Rolle?‘), dann kann das besser separat im Metagespräch erfolgen. Tauchen im Sachgespräch Punkte auf, die nicht mit der behandelten Sachfrage zu tun haben und besser im Metagespräch aufgehoben sind, kann der Moderator auf diesen separaten Zeitblock ‚Metagespräch‘ verweisen und in der Sache fortfahren. Die Teilnehmer können darauf vertrauen, dass der Punkt dann später behandelt wird, und sich unabgelenkt auf das Sachgespräch einlassen.

Es ist aber jederzeit möglich, dass – egal wann! – einzelne TeilnehmerInnen oder auch der Moderator selbst eine Unterbrechnung des Sachgesprächs fordern, um z.B. eine als unaufschiebbar empfundene Frage zur Befindlichkeit oder auch einen Konflikt innerhalb der Gruppe zu behandeln.


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