Im Sokratischen Gespräch (oder überhaupt in vertiefenden Gesprächen) wird oft nach der Bedeutung der verwendeten Begriffe gefragt, und das ist auch sehr gut so, ein Qualitätsmerkmal! „Was meinst Du mit …?“, „Was heißt für Dich …?“, „Was ist überhaupt …?“.
Jemand könnte nun sagen: Kann man das nicht kurzerhand irgendwo nachschlagen? Googeln? Wikipedia?
Kann man. Aber in einem Lexikon steht auch nur, was sich jemand anderes gedacht hat. Selbst wenn der Lexikonartikel durch mehrere Stufen von Korrektur und Lektorierung gegangen ist, selbst wenn er von einem Autorenkollektiv geschrieben ist – ich muss oder zumindest kann mir als nachschlagender Leser immer noch eine eigene Meinung dazu bilden.
Das mag nicht so deutlich der Fall sein bei einem Lexikon-Artikel zu empirischen/historischen Einzelfakten*, z.B. zur Botanik des Gelben Enzians (da weiß der Fachautor sicher mehr als ich) oder zur Geographie Tirols (obwohl auch darin Fehler enthalten sein können; oder fehlende Einzelheiten, unbehandelte Teilbereiche, fragwürdige Gewichtungen etc.).
*) Solche Themen werden in Sokratischen Gesprächen ohnehin nicht behandelt.
Es ist aber sicher der Fall bei ’nicht-empirischen‘ Begriffen, z.B. ‚Politik‘ oder ‚Erziehung‘ oder ‚Spiritualität‘. Oder wo sollte ich nachschauen zur Frage ‚Was ist eine gute Entscheidung?‘. Vergleiche einmal zu einem bestimmten Begriff die Texte in 3 verschiedenen Lexika (oder Ratgebern) – welchen davon sollten wir hernehmen? Hätten wir beim Lesen nicht eine eigene Einschätzung „Das ist okay.“ / „Das überzeugt mich nicht so.“ / „Du lieber Himmel!“? Und könnten wir unsere Präferenz nicht immer auch begründen – und zwar durch unsere ganz eigenen Gedanken, Überlegungen?
Wo sollte ich denn [Obacht rhetorische Frage] für eine Begründung nachschlagen, warum ich dieser oder jener Definition oder Darstellung nicht zustimmen kann?
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